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DATENPUNK

Einige Bemerkungen zum Mythos hochtechnischer Reinheit, zu digitalem Dreck, als auch zu Korrosion, Schimmel und Wucherungen im Inneren von Computern

"Mannigfaltigkeit bedeutet Organisierung, Gleichförmigkeit Mechanisierung; Mannigfaltigkeit ist Leben, Gleichförmigkeit ist Tod."

Benjamin Constant

"In den Daten steckt allerdings noch der systematische Fehler, daß die gesuchten Daten in aufsteigender Reihenfolge in der Datei zu finden sind, wenn auch mit Lücken. ... Das läßt sich vermeiden, indem man das Chaos noch verstärkt. Und schon stößt man auf die Grenzen der Rechner. Unabhängig davon, wie schnell und teuer sie sein mögen, wirklich Unordnung schaffen können sie nicht."

Michael Ringel, "Anonymes Adreßbuch. Testgenerator für Datenbanken", c't 1/91

Es war Winter und ich erlebte einen Augenblick, in dem sich zwei Mythen kreuzten, ein Minimythos und ein Jahrhundertmythos. Der Grund dafür war, daß ich seit Tagen das Aschefach aus dem Ofen immer nur in einen Eimer daneben kippte und zu faul war, den Eimer runterzutragen. Mit jedem Schwung Asche stieg eine dicke Staubwolke aus dem Eimer auf; wenn dann noch ein paar Glutstückchen auf den Aschekegel in dem Eimer fielen, sah er aus wie ein richtiger kleiner Vulkan.

Ich saß zwei Schritt vom Ofen weg vor meinem Computer.

Als erstes löste sich mein Privatmythos auf, ein Schriftsteller zu sein. Mir wurde klar, daß ich in Wirklichkeit kein Schriftsteller war, sondern einfach jemand, der seit Jahren versuchte, seinen Schreibtisch aufzuräumen. Das Schreiben ergab sich beim Vor Dem Tisch Sitzen beiläufig, das Räumen hingegen war schicksalhaft. Einmal Umdrehen, schon war alles wieder durcheinander. Der uralte Kampf gegen das Chaos. Glaubt man der Bibel, so war es die Hand Gottes, die Ordnung in die Welt brachte. Wir Ungläubigen versuchen selbst aufzuräumen und müssen natürlich scheitern.

Als zweites trübte sich der Mythos der Reinheit, den ich stets so selbstverständlich mit dem Computer verbunden hatte, daß es mir nie recht bewußt geworden war. Ich sah die dünne, mehlweiche Ascheschicht, die alles im Zimmer überdeckte, auch sämtliche Computerbestandteile und Disketten. Der bernsteinfarbene Monitor leuchtete wie ein großes Stück Glut und das ganze Zimmer erschien mir wie ein riesiger Ascheimer. In dieser schmutzigen Wirklichkeit fühlte ich mich unendlich fern von all den stofflosen Dingen, die mir zuinnerst einem Computer zugehörig erschienen. Hätte mir jemand zwei oder drei Jahre vorher als eine Utopie das Szenario beschrieben, in dem ich mich nun befand, hätte ich ihn ausgelacht. Kein Mensch hat eine Phantasie, die so ungeheuerlich und zugleich banal ist, daß sie die blanke, bloße Realität in einer Vorausschau hinlänglich fassen könnte.

Als ich klein war, hörten die Computer gerade auf, zu heißen und bildeten eine wichtige Grundlage zweier für die Zeit bedeutsamer Ereignisfolgen: der Apollo-Missionen des amerikanischen Mondlandeprogramms und der sieben Folgen der Fernsehserie . Vor allem der Bordcomputer des Patrouillenraumers Orion VIII, der aussah wie ein Oszilloskop im Chassis einer italienischen Espressomaschine, hatte es mir angetan; dazu das Environment aus polierten Oberflächen, Chrom und Geometrie, das in meiner Vorstellung noch heute alles, was mit High Tech zu tun hat, ganz außen herum wie eine gläserne Muschel umfaßt.

Im Lauf der Siebziger Jahre erwuchs mir tief im Gefühl ein Eindruck vom Computer als einem Kristall der Klarheit. Eine anekdotische Tradition kurioser und aberwitziger Fehlerhaftigkeiten, die durch Computersysteme verursacht worden waren, konnte meinem Eindruck nichts anhaben; nicht eine verlorene Venussonde (Mariner I); nicht das mehr als 200 Seiten starke Astronauten-Handbuch mit unausrottbaren "Wanzen" in den Computerprogrammen der nachfolgenden Space Shuttle-Flüge; nicht die Software des US-Frühwarnsystems, das den aufgehenden Mond als anfliegende sowjetische Atomraketen interpretierte.

Wenn ich "Computer" hörte, erschien mir eine Struktur aus Begriffen wie "Logik", "Elektronik", "Intelligenz" oder "Geschwindigkeit", deren Kanten zwar im Ungefähren lagen, die aber insgesamt die Empfindung eines bemerkenswerten hermetischen Raums beherbergte. Einen Touch von Vollkommenheit. Ein Bereich, abgelöst von allem Stofflichen, unabhängig von den Unwägbarkeiten und Veränderlichkeiten der "wirklichen" Welt, ganz dem Menschen vorbehalten. Das Virtuelle.

Inbild der Ernüchterung in Hinsicht auf die bemannte Raumfahrt als Leitströmung der Hochtechnologie war alsbald die Tatsache, daß die (von General Electric angefertigte) Bordtoilette des Space Shuttle während praktisch jeder Mission versagte; dazu dann noch die Schilderung von Astronauten, denen Versuchstiere in den Orbit mitgegeben worden waren, und die erhebliche Probleme mit kreuz und quer durch die Station schwebendem Affenkot hatten. Der Computer, als sozusagen apparatives Destillat aus den gewaltigen Stahlkonstruktionen der Raumschiffe, setzte sich an die Spitze der Strömung. Cape Canaveral bietet inzwischen das Bild eines rostfleckigen, technologischen Elefantenfriedhofs.

Manches daran, wie die "Kerne" der Computer, die Mikrochips, hergestellt werden, ist sozusagen Raumfahrt am Boden. Astronautenhaft vermummte Techniker arbeiten in den clean rooms, deren vielfach gefilterte Luft maximal zehn Staubpartikeln pro Kubikmeter enthält; ein Zigarettenrauchtröpfchen erscheint auf mikroskopischen Aufnahmen wie ein Heißluftballon neben den filigranen Leiterbahnen auf dem waver, der Chip-Wabe. Und so merkwürdig es sich anhört: Die Techniker in den Reinräumen arbeiten daran, die Scheibchen puren Siliziums zu verunreinigen - "dotieren" nennen die Fachleute den mikrometergenauen Einschluß von Bor-Atomen, die erst den alles entscheidenden Halbleitereffekt ermöglichen.

Die Belegschaft eines clean rooms des kalifornischen Rüstungsunternehmens Northrop, befaßt mit dem Bau der Steuerungselektronik für Atomraketen, kümmerte das einen Dreck. Man kochte Suppe, aß Lunchpacks, rauchte; erst als eine Mitarbeiterin die Behörden informierte, da sie befürchtete, die Atomraketen könnten "den dritten Weltkrieg auslösen", fanden die Krümelmonstrositäten ein Ende.

Die Umkehr der Größenordnungen von der Trägerrakete - deren Gigantentum an die etagengroßen Computer der ersten Generation erinnert - zu hochintegrierten Elektronikbausteinen zog gezwungenermaßen einen Verlust an Übersichtlichkeit nach sich.

Während der legendäre erste bug in einem Programm in Gestalt einer leibhaftigen Motte dingfest gemacht werden konnte, die sich in einem Relais verklemmt hatte, sorgt die Komplexität heutiger Programme, die mit oft mehreren hunderttausen Zeilen Länge und einer abertrilliardenfachen Potenz an möglichen Zuständen jenseits jeder Kontrollierbarkeit liegen, für das Gefühl, im übertragenen Sinn die Motten zu kriegen. Komplexität bedeutet in diesem Zusammenhang, daß die Kombination von Umständen nicht mehr überschaubar ist, die zu einem Fehler führt. Angesichts vergleichbarer Komplexität in Physik, Wirtschaft oder Gesellschaft sprechen wir längst von Zufälligkeiten. Der Hamburger Informatiker Rüdiger Valk weist darauf hin, wie wenig durchschaubar große Programmsysteme sind, wenn man in Betracht zieht "daß heute 40 bis 80 Prozent der Gesamtkosten auf , also Fehlerbehebung nach der Auslieferung an den Kunden fallen." Insider sprechen von "Bananensoftware", die grün ausgeliefert wird und erst beim Benutzer reift.

Und während auf Cape Canaveral die Ingenieure damit zu kämpfen haben, daß sich in den oberen Regionen der gewaltigen Raketen-Bauhalle bisweilen eine eigene Wetterlage bildet, werden die mikroelektronischen Rechenraketen in gläsernen Kabinen eingefriedet und mit möglichst gleichmäßigen 21 Grad Celsius versorgt. Ein Mehr an Wärme kann zu ungewollten evolutiven Erscheinungen führen, bis hin zur Ausbildung einer üppigen Flora und Fauna. "Von Schaben bis zu Schimmelpilzen", so Jürgen Kupfrian, Leiter einer Firma für Computersicherheit in Lüdenscheid, über das Innere von Großrechenanlagen, "ist so ziemlich alles zu finden."

Diese Unübersichtlichkeit durch Ultraverkleinerung führt zu einer Eintrübung der idealen Kristallklarheit des Computers. Versuche, Störungen oder Fehler in einem solchen Mikrosystem dingfest zu machen, können zum Teil nur noch aufwendig und mit sehr empfindlichen Instrumenten erfolgen, etwa indem man oszillographisch den Datenbus entlangmikroskopiert; zum Teil mißlingen sie ganz, die Ursachen werden unfaßbar oder magisch.

David Moon, ein Althacker im Laboratorium für Künstliche Intelligenz am Massachusets Institute of Technology, berichtet von einem kleinen, merkwürdigen Schalter, den jemand an die Vitrine eines PDP-10-Rechners geklebt hatte und dessen zwei Schalterstellungen mit "magic" und "more magic" bleistiftbeschriftet waren; der Schalter war auf "more magic" gekippt. Da nur ein einziger Draht aus dem Kabelgestrüpp der PDP-10 zu dem Schalter führte, konnte nach konventioneller Kenntnis elektrischer Verhältnisse kein Strom fließen. Moon kippte den Schalter auf "magic" und die PDP-10 stürzte augenblicklich ab.

Jeder Computerbesitzer wird nur stumm nicken. Kennt man, sowas.

Ich erinnere mich an drei Wochen im Herbst, in denen mein Matrixdrucker nur vormittags druckte, etwa bis gegen Mittag. Ich vergeudete einen Nachmittag, etliche Meter Endlospapier und einen Strauß teils sehr extravaganter theoretischer Ansätze, woran es denn liegen könnte, dann fügte ich mich der Laune des Geräts und beschränkte mich darauf, Geschriebenes jeweils am Vormittag des darauffolgenden Tages ausdrucken zu lassen. Mein Hardware-Guru, den ich schlußendlich konsultierte, schraubte die Plastikverkleidung auf, hielt sie mit einem Finger hoch wie die Motorhaube eines Spielzeugautos und warf einen Blick auf die Platine. "Hat nix", sagte er und ich durfte wieder zuschrauben. Der Drucker funktionierte wieder. Vielleicht bin ich verrückt, aber es könnte doch sein, daß mein Matrixdrucker keinen Respekt vor mir hat und sich erst jemandem fügt, dem er mit Sicherheit nichts vormachen kann.

Ein beliebter Denkfehler, den die Miniaturisierung nach sich zieht, ist die quasi übergangslose Entstofflichung von Programmabläufen im Inneren eines Computers. Derlei zeichenhafte, virtuelle Vorgänge entsprechen zwar der Vorstellung eines hermetischen, von fleischlichen Fingern unberührbar reinen Ereignisraums, nicht aber der Realität. Auch Leute, die es eigentlich besser wissen müßten, behaupten, daß Software eine abstrakte, pur logische Angelegenheit sei, die nicht tatsächlich existiert. Wie auch immer - Software ist eine sehr wohl physikalische Angelegenheit in einem Rechner. In einem Computerspeicher kann es sich dabei um das Vorhandensein oder die Abwesenheit elektrischer Ladung handeln, auf einer Diskette oder Festplatte um Stellen, die auf bestimmte Weise magnetisiert sind.

Anläßlich des überraschenden Hinscheidens des rootsektors meiner Festplatte wurde mir nachmals deutlich, wie verhängnisvoll real die Wirkung sein kann, wenn sich vermeintlich virtuelle also flüchtige Strukturen verflüchtigen. Den rootsektor einer Festplatte zu verändern, entspricht einem digitalen Judogriff - größte Wirkung bei geringstem Aufwand. Wie der Name bereits ahnen läßt, handelt es sich dabei um die Wurzel der weitverzweigten Dateibäume, die sich auf einer Festplatte befinden können. Ohne die Wurzel findet der Computer keine einzige der oft in die hunderte gehenden Dateien wieder.

Ich wollte - diesmal von meinem Software-Schamanen - wissen, woran's denn gelegen haben könnte. Die Kausalisierungsversuche klangen diffus, "irgendwie Datenüberlauf, vielleicht Alphastrahlung."

Alphastrahlung ist die letzte Notbremse vor dem nackten Aberglauben. Es handelt sich dabei um positiv geladene Heliumteilchen, wie sie in Röntgenstrahlen oder der natürlichen Höhenstrahlung vorkommen. Obwohl Speicherchips gewöhnlich isoliert sind, liegt es im Bereich des Möglichen, daß ein oder das andere Alphateilchen "durchrutscht" und die Ladung eines Bits von 0 nach 1 oder umgekehrt verändert ("Bitkipper").

Um wieder auf den entmystifizierenden Moment in meinem ascheverschleierten Zimmer zurückzukommen - ich mußte einsehen, daß es keine Art von Winzigkeit oder Flüchtigkeit gab, in die das unabänderliche Zeichen, daß die Welt sich verändert, nicht doch noch hineinreicht: Schmutz.

Schmutz ist nicht einfach nur Materie am falschen Ort, etwa Staub, der sich auf allerwinzigste Weise sämtlichen Oberflächen anhaftet, oder Korrosionskrümelchen, die, auf entgegengesetzte Weise, von den Objekten abschuppen. Es gibt kein Ding auf der Welt, das nicht auf irgend eine Art mit seiner Umgebung in austauschender Wechselwirkung stünde, und sei es auf noch so geringfügige oder lang durch die Zeit reichende Weise.

Dies führt uns zu einer der unbeantwortetsten Fragen des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts: Wie lange halten Datenträger? Denn "es ist unbedingt richtig", vermerkte Machiavelli, "daß alle Dinge auf der Welt ihre Lebensgrenze haben." Und man bedenke andererseits, daß etwa assyrische Keilschrifttäfelchen oder altägyptische Papyri noch heute, nach fünf- oder sechstausend Jahren, zum Teil einwandfrei lesbar sind.

Das Generationenprojekt der Digitalisierung jeder Art menschlichen Kulturguts und Wissens ist längst angelaufen, aber kein Hersteller von Datenträgern redet gern über die Haltbarkeit seiner Produkte. So bekommt das Einrichten einer Datenbank einen Beigeschmack von Grablegung. Die Firma BASF beispielsweise hat sich Mitte der Achtziger Jahre mit desaströsen MAZ- und Diskettenqualitäten einen Ruf eingehandelt, der teilweise heute noch zur Folge hat, daß user das Firmenkürzel als ByteAbweisende SchutzFolie dechiffrieren. Selbst die erst großartig bis in alle Ewigkeit exponierte Robustheit von Compact Disks ("Kann man mit Schischuhen drüberlaufen") hat an Glanz verloren.

Die Asche, die sich matt und subtil in meinem Zimmer breitmachte, bildete eine sozusagen halb atomisierte Mitte zwischen den Stapeln schlicht analoger Papiere und Zeitschriften auf meinem Schreibtisch und der Techno-Fiktion im Computer.

Der vermeintlich klare Bildschirmaufbau ist eine glatte Lüge, ein weiterer Gestus der digitalen Reinheit. Jeder heutige Personal Computer erlaubt die nahtlose Übertragung aller Arten an ruinenhaften oder strukturähnlichen Fragmenten, mit denen sich jeder auf seine Weise den Schreibtisch und die nächste Umgebung zubaut, vollstapelt und behäufelt. Was am Bildschirm so ordentlich aussieht, in regelmäßige Listen oder Fensterchen gefaßt, ist oft nicht mehr als der bloße Anschein einer Ordnung. Besonders auf Festplatten mit größerem Speichervolumen versinken digital erfaßte Texte, Bilder, was auch immer, in unterholzhaften Verzeichnisgeflechten, Archivsümpfen und Toten Abzweigungen.

Niemand sollte sich der Illusion hingeben, daß mit dem Erwerb eines Computers automatisch Ordnung einkehrt. Der Computer ist, wenn man's genau betrachtet, nichts weiter als die Vervollkommnung des Radiergummis. Radieren ohne Streifen, ohne Krümel. Schreiben und Zeichnen mit Licht, Löschen mit punktgenauer Dunkelheit. Jeder Text, den man mit einer Textverarbeitung schreibt, jede Version, ist eine Reinschrift; am Bildschirm gibt es kein Schmieren, Kritzeln, kein Hinwerfen oder Skizzieren mehr.

Wer nun meint, all das Ungrade, Krümelige, Zerfahrene in der digitalen Realität sei starr oder anorganisch, der weiß nichts von den Netzen.

Die Entwicklung der internationalen Datennetze hat in den letzten Jahren eine Dynamik entwickelt, die eher an wild und prächtig wuchernde organische Strukturen erinnert als an technologische Verbünde. Anmutungen von Eigenleben oder vergleichsweise organischer Ausbreitung zeigen sich überall dort, wo ein bestimmter Grad an Komplexität überschritten wird, ob auf der Ebene eines umfangreichen Programms oder eines wie auch immer verschalteten Verbindungsgeflechts quer um die Erde.

Auf Netzen wie InterNet (ein amerikanisches Mega-Netzwerk), BitNet oder EUnet, dem europäischen Ableger des amerikanischen usenet, werden beinahe wöchentlich neue maps verteilt, elektronische Karten, in denen die jeweils aktuelle Zusammensetzung des Netzwerks verzeichnet ist. Und immer öfter passiert es, daß ich einen lokal erreichbaren Netzknoten anrufe und als erstes eine Meldung wie 23118 neue Nachrichten für Dich eingetroffen erhalte.

Zugemüllt.

Hier wird Information durch simples Übermaß unbrauchbar gemacht. "Datenschutz hat heutzutage mehr und mehr mit der Frage zu tun: Wie schütze ich mich vor Daten?", sagt Wau Holland, Alterspräsident des Hamburger Chaos Computer Clubs.

Einer meiner Bekannten hat für sich eine bemerkenswerte Lösung gefunden: Er hat seinen Rechner an eines der großen Netzwerke angeschlossen und beobachtet vergnügt, wie die Nachrichtenfluten einrauschen und von seinem System aus an die nächsten Knoten weiterfließen. Ungefähr alle halben Jahre kauft er sich das jeweils nächstgrößere Speichermedium, im Augenblick eine Festplatte mit 300 Megabyte. Er liest keine Nachrichten mehr. Es interessiert ihn nicht. Es kommuniziert. Er wärmt sich an den zierlichen Lauten der Festplatte wie an einem offenen Kamin.

Herrje, mein Ofen.

Statt einem Phönix erhob sich aus der Asche in meinem Zimmer ein Gefühl für die Wirklichkeit, ihre Tiefe, ihre Veräderungen, ihre Strömungen. Keine Folge von Programmanweisungen, wie umfangreich auch immer, und kein noch so dichtes Kommunikationsnetz kann der unermeßlichen Komplexität der Welt entsprechen. Auch wenn ein Programm heute die Welt erfolgreich nachbildet, so kann es bereits morgen hinfällig sein. Die Welt ist im Wandel. Und es ist eine unendliche und kontinuierliche Welt.

Ich nahm den Eimer und brachte die Asche runter.

(c) Peter Glaser 

 

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